27. November 2012

Hitman Absolution: Lässt das Internet Entwickler faul oder unsicher werden?

Hitman: Absolution bekam von der Kritikern der Fachpresse bunte Bewertungen. Für viele, u.a. IGN, ist es ein fantastisches Spiel, andere Onlineportale wie Gametrailers bewerteten das Spiel eher mittelmäßig.
Ein großer Kritikpunkt der jedoch sowohl bei allen Kritikern als auch Fans des Spiels angeführt wird, so meldet u.a. die GameStar via Sebastian Klix, ist dabei das Kostümierungs-Feature.
Konkret wird kritisiert, dass viele Verkleidungen im Spiel von Gegnern viel zu schnell und auf viel zu große Entfernungen erkannt und der Spieler so entlarvt werden kann. Verschafft man sich auf einem Straßenmarkt z.B. das Kostüm eines Kochs, dann wird man blitzschnell von anderen Köchen entlarvt - weil.. äh.. Straßenköche sich untereinander alle kennen... oder so.

Dieses Logikloch aus dem Spiel hat nun so hohe Wellen geschlagen, dass IO Interactive angekündigt hat sich dieses Feature noch einmal näher anzusehen und eventuell nachzupatchen.

Das Ganze lässt nun zwei sehr eng aneinanderliegende Lesearten zu. Beide sind auf den ersten Blick etwas gutes, offenbaren bei genauerer Betrachtung jedoch gravierende Probleme.

Lesart 1: Der Entwickler reagiert auf Kritik
Die Quality Assurance von Videospielen ist schon so eine Sache, besonders wenn es um den Schwierigkeitsgrad geht. Jeder empfindet den Schwierigkeitsgrad anders, was besonders bei Spielen wie Dark Souls oder Super Meat Boy zu sehen ist. Entsprechend unterschiedlich ist auch das Frustpotential in Spielen, und damit der Flow - und damit wiederum das Spielerlebnis und die damit assoziierte Qualität.
Insofern ist es als Publisher und/oder Entwickler wünschenswert ein Spielerlebnis zu liefern, das den Großteil der Zielgruppe oder der Konsumenten anspricht. Dank Internet ist das heutzutage kein Problem, mit Ausnahme von Microsoft erlauben die verschiedenen Konsolen (sowie logischerweise der PC) das beliebige Bereitstellen von Patches.
Das klingt doch super, oder? Hat bei Duke Nukem Forever mit der Waffenbegrenzung ja auch geklappt. Kunde meckert, Kunde kriegt was er möchte.

Doch wir müssen uns klar machen: Das hier sind keine Bugs, es geht hier um Kernelemente im Gameplay.

Noch vor wenigen Jahren dienten Patches vor allem um Bugs in Spielen zu beseitigen. Doch in der aktuellen Konsolengenerationen passiert es zunehmend, dass komplette Bestandteile des Gameplays nachträglich durch Entwickler verändert werden, so dass gepatchte Spiele sich ganz anders spielen als die "ungepatchten" Versionen aus dem Laden.
Besonders problematisch dabei ist es, dass diverse Magazine aufgrund entsprechender Patches sogenannte "Nachtests" durchführen. Jüngst hat z.B. die GameStar gleich zwei Nachtests zu Diablo 3 durchgeführt, bei denen sich jedes Mal die Wertung des Spiels veränderte. Die GameStar kassiert so viele Klicks und Ad-Impressions und der Entwickler freut sich, weil sein Spiel so noch mehr Resonanz und Verkäufe bekommt.
Dieser Kreislauf führt dazu, dass Entwickler und Publisher zunehmend fauler werden was die Entwicklung der Spiele angeht. Frei nach dem Motto "Wenn es bei den Kritikern und den Spielern nicht gut ankommt, dann ändern wir es halt schnell". Durch die Nachtests (die dann ja auch noch positiv ausfallen) wirkt der Entwickler oder Publisher dann wie ein Samariter der den Spielern das gibt was sie wollen. Ich bezweifle dass dies der richtige Weg seitens der Fachpresse ist. Spiele mit Mängeln sollten entsprechend kritisch bewertet werden - wenn der Entwickler hinterher die bemängelten Probleme behebt, dann ist das schön - man kann es gerne in die Online-Versionen der Tests nachtragen, aber man sollte auf keinen Fall diese "Faulheit" oder "Flüchtigkeit" des Entwicklers mit einer positiven Wertungsanpassung belohnen.


Lesart 2: Der Entwickler reagiert auf Feedback
Die andere Leseart ist: Der Entwickler beugt sich der Kritik der Spieler. Und das ist noch viel schlimmer, zumindest wenn man davon ausgeht, dass mit dem kritisierten Spielelement eine entsprechende Vision vom Spiel einhergeht.
Wenn man ein Element in ein Spiel implementiert und für gut befindet - mitunter nach diversen QA-Tests -, dann sollte man auch zu diesem Element stehen und es nicht zugunsten der Fan-Meinung ändern. Sicherlich sind die Fans der Spiele das wichtigste für den Entwickler oder Publisher, aber sie sollten nicht die Veränderung eines Spiels diktieren. Es spricht nichts dagegen dieses Feedback in ein nächstes Projekt einfließen zu lassen, aber das vorhandene, ausgelieferte Produkt entsprechend anzupassen zeugt von mangelndem Rückgrad und enormer Unsicherheit.
Und damit macht sich ein Entwickler oder Publisher auch leicht unglaubwürdig. Denn wenn sich diese Vorgehensweise zu einem Standard in der Industrie entwickelt, dann wird bald niemand mehr Spiele vorbestellen. Dann wird man als Spieler warten bis die Day-One Fans den Publisher mit ihren Forderungen in die Knie gezwungen haben und sich die - zu dem Zeitpunkt - bereits um 25-50% günstiger gewordene Version kaufen und entsprechend patchen.


Egal wie man es dreht, das nachträgliche Verändern von Spielinhalten ist mit großer Vorsicht zu genießen und sollte von der Fachpresse - Onlinezwang der Spieltitel hin oder her - nicht in irgendeiner Art und Weise honoriert werden. Viele mögen dagegen argumentieren, dass Spiele heutzutage immer größer, komplexer und teurer werden und dass technische Mängel sich nicht mehr so einfach wie früher verhindern lassen. Das mag sein, doch die Technik von heute ist gleichzeitig auch benutzerfreundlicher, die Teams größer und die Fachausbildung der Entwickler umfangreicher als früher geworden. Insofern bleibt zu hoffen, dass nachträgliche Änderungen im Design nicht genauso alltäglich werden wie der Day-One Patch zur Behebung von game-breaking Bugs.


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