3. Dezember 2012

Sinister - Ambivalenter Grusel mit Ethan Hawke

Sinister ist der neuste Geisterfilm der uns im Zuge der Paranormal Activity Erfolgswelle erreicht. Und diesmal sogar mit Starbesetzung, denn niemand geringeres als Ethan Hawke ("Training Day") gibt sich in der Hauptrolle des Films die Ehre.


Der Schriftsteller Ellison Oswalt hat mit einem Karrieretief zu kämpfen. Sein letzter großer Hit und Bestseller ist 10 Jahre her, seither verkaufen sich seine Bücher nur noch moderat. Das Geld neigt sich dem Ende, Hypotheken wollen abbezahlt und eine Familie ernährt werden - ein neuer Hit muss her. Da Oswalts großer Hit "Kentucky Blood" auf einer wahren Kriminaltat basierte, möchte er versuchen diesen Erfolg 1:1 nachzumachen. Dazu zieht er, ohne seine Familie darin einzuweihen, in ein Haus in dem ein unaufgeklärter Familienmord stattgefunden hat und bei dem die jüngste Tochter spurlos verschwunden ist - mit der Absicht genaue Nachforschungen anzustellen und letztendlich der neue Truman Capote zu werden. Doch böses bahnt sich an, als Oswalt auf dem Dachboden des Hauses eine Kiste mit Super 8-Filmen findet auf denen brutale Morde aufgezeichnet sind. Unter anderem der, der in jenem Haus stattgefunden hat.

Das schöne an Sinister ist, dass der Film sich ausschließlich auf die Hauptfigur Ellison Oswalt beschränkt. Wir erfahren viel über seine Ängste, seine Wünsche und seine Motivation warum er tut was er tut. Die Art wie wir diese Informationen bekommen ist geschickt umgesetzt: Mal sind es die Notizen die er sich beim Betrachten der Filme macht, mal sind es alte Videoaufnahmen zu Fernsehinterviews mit ihm, manchmal Telefonate oder bloße Analysen von Videos auf seinem Computer. Besonders schön ist z.B. eine Anfangsszene: Kurz nachdem Oswalt einen grausamen Mord auf einem der Super 8 Filme gesehen hat, greift er sofort zum Hörer um die Polizei zu benachrichtigen. Doch während man ihn mit der zuständigen Abteilung verbindet steht Oswalt vor einer Vitrine mit Exemplaren seines Bestsellers "Kentucky Blood" - und nach einem Moment des Innehaltens legt Oswalt den Hörer kommentarlos auf. Kleine Szene wie diese skizzieren geschickt und pointiert den Charakter von Oswalt und geben ihm so Tiefe wie wir es von Horrorfilmen heutzutage nicht mehr gewohnt sind.
Untermalt wird dies mit einem fantastischen und schaurigen Soundtrack.

Im weiteren Verlauf des Films erfährt Oswalt immer mehr über die Zusammenhänge der Super 8 Filme, während sich vermehrt paranormale Ereignisse abspielen. Das Problem ist, dass die unheimlich dichte Atmosphäre und die spannend erzählte Geschichte im Zuge des Films von immer mehr einfallslosen Schockeffekten und Geistererscheinungen in Mitleidenschaft gezogen werden. Dabei werden viele Handlungsabschnitte alleine des Schocks wegen eingeführt und anschließend fallen gelassen - etwa wenn eines der Familienmitglieder aufgrund von Nachtangst an den bizarrsten Orten im Haus auftaucht. Diese Problematik zieht sich vor allem durch die zweite Hälfte des Films, in der die Hauptfigur plötzlich zentrale Hinweise auf den Zusammenhang der Morde einfach zu vergessen scheint und sich so selbst in Gefahr begibt. Es sind diese Szenen in denen man als Zuschauer am liebsten zum Bildschirm schreien möchte " Tu's nicht, Person X hat doch gesagt, dass... " Während derartiges in den meisten Horrorfilme zum Inventar gehört, passt es Sinister nicht zu der gut inszenierten Handlung, wodurch der Film viel Glaubwürdigkeit verliert. Sinister ist somit ein schizophränes Filmerlebnis. Was die erste Filmhälfte mühevoll aufbaut wird in der zweiten Filmhälfte - zugunsten unnötiger Geistererscheinungen - entweder vernachlässigt oder ganz fallen gelassen. Das Finale ist dadurch meilenweit vorhersehbar, unpassend konventionell, langweilig und einfach unbefriedigend. Dennoch würde ich jedem Interessierten empfehlen einen Blick in den Film zu riskieren, alleine wegen der starken ersten Hälfte.

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